Solidarische Grundsicherung

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Ein moderner und nachhaltiger Sozialstaat braucht eine gesunde Mischung aus staatlicher Fürsorge und Eigenverantwortung.

Die Hartz-Reformen versuchten, die richtige Mischung mit dem Prinzip des Förderns und Forderns in der Grundsicherung herzustellen. Zahlreiche Menschen sind seither nicht mehr länger auf staatliche Fürsorge angewiesen, sondern können wieder für sich selbst sorgen.

Doch zeigen sich zunehmend auch Schwächen eines in die Jahre gekommenen Grundsicherungssystems, insbesondere an den Schnittstellen zwischen seinen unterschiedlichen Instrumenten (Regelleistung, Wohngeld, Kinderzuschuss, etc.). So zeigen sich, je nach Situation, gravierende Sprungstellen, sofern der Hinzuverdienst sich nur minimal ändert. Zum Beispiel erhalten Alleinerziehende mit einem Kind, ohne dass sich die Rahmenbedingungen ändern, mehr Geld, wenn das Kind nicht mehr fünf sondern sechs Jahre alt ist, jedoch wieder weniger Geld, wenn das Kind sieben bis 13 Jahre alt ist. Prof. Ronnie Schöb hat daher in seiner Arbeit „Eine neue solidarische Grundsicherung“ (erschienen als Working-Paper 2019/15 an der Freien Universität zu Berlin im Fachbereich Wirtschaftswissenschaft) das bestehende Modell sozusagen minimalinvasiv weiterentwickelt. Die vorhandenen Instrumente sollen besser aufeinander abgestimmt werden.

 

Das Modell setzt dabei an einer ursachenorientierten Existenzsicherung an und wird durch drei Eckpunkte charakterisiert:

1. Eine (zu versteuernde) Kindergrundsicherung, die Familien stärker als bislang unterstützt
2. Eine Wohnbedarfssicherung
3. Eine Regelbedarfssicherung für Erwerbsfähige.

Im Gegensatz zum kürzlich erst verabschiedeten Starke-Familien-Gesetz, das im Resultat lediglich eine marginale Verschiebung verursacht, dadurch die Anreize aber noch weiter verringert, bietet das Modell von Professor Schöb kontinuierliche Anreize beim Hinzuverdienst.
Die neuen Grundsicherungsleistungen sind so miteinander verzahnt, dass die Schnittstellenprobleme nicht mehr auftreten und zugleich der Anreiz zur Selbsthilfe gegenüber dem jetzigen System deutlich gestärkt wird. Eine Simulation ergibt, dass alle Änderungen Kosten von nicht einmal fünf Milliarden Euro verursachen wird.
Ein weiterer Vorteil von Schöbs Modell: Bezieher von Transferleistungen werden nicht mehr stigmatisiert. Insbesondere durch die neue Kindergeldsicherung, die in diesem Modell stärker an den allgemeinen Steuertarif gekoppelt wird, werden Leistungsbezieher nicht weiter als Sonderform behandelt. Somit wird ein wesentliches Element der sozialen Sicherung gestärkt.