Kerstin Schneider, Joachim Weimann: Den Diebstahl des Wohlstandes verhindern. Ökonomische Politikberatung in Deutschland: ein Portrait. Springer Verlag 2016.
Die Volkswirtschaftslehre untersucht die Frage, wie Ökonomien funktionieren und wie man sie so gestalten kann, dass der Wohlstand der Menschen möglichst groß wird. Grund genug, dass Politiker sich dafür interessieren sollten, was die Ökonomen so alles herausfinden. Ökonomische Politikberatung versucht diesem Wunsch zu entsprechen und mit der Politik ins Gespräch zu kommen. Eigentlich eine Sache, die normal zu sein scheint und von der jeder Bürger erwartet, dass sie stattfindet. Aber was genau dabei passiert und wie erfolgreich das Ganze ist, das weiß so gut wie niemand, denn das Gespräch zwischen Politik und Wissenschaft läuft in aller Regel nicht unter den Blicken der Öffentlichkeit ab.
Meine Kollegin Kerstin Schneider und ich haben das zum Anlass genommen, ein ganz besonderes Buch zu machen. Wir haben 22 der wichtigsten ökonomischen Politikberater intensiv interviewt und ihnen allen die gleichen Fragen gestellt. Diese Interviews wurden aufgezeichnet und danach transkribiert. Dann haben wir die Kollegen und Frau Prof. Claudia Buch (die einzige Frau darunter), nach Magdeburg zu einem Workshop eingeladen. Der fand im Herrenkrug statt und wurde kombiniert mit der feierlichen Verleihung der Ehrendoktorwürde an Prof. Wolfram Richter – den Doktorvater von Kerstin Schneider und mir. Auch der eintägige Workshop wurde aufgezeichnet und transkribiert. Außerdem haben wir einen Fotographen von der FAZ engagiert, der den ganzen Tag Fotos geschossen hat. Am Ende hatten wir viele Seiten Material und einen Haufen guter Fotos. Dann hat es über ein Jahr gebraucht, um aus diesem Rohmaterial ein Buch zu machen. Wir haben dazu fiktive Gespräche konstruiert, die wir aus den Interviews zusammengesetzt haben. Der Workshop wurde so aufbereitet, dass die Beiträge gut lesbar sind. Alles wurde in einem sehr ausgefallenen Layout gestaltet (unser Dank an Anneke Richter!), mit Lebensläufen der Teilnehmer angereichert und vom Springer-Verlag in einem aufwändig gestalteten Buch gedruckt. Herausgekommen ist ein Buch, das hohen ästhetischen Ansprüchen genügt und das einen faszinierenden Einblick gibt in die Welt der Politikberatung und in die Welt der Politik. Es kommen sehr prominente Ökonomen zu Wort, wie Hans-Werner Sinn oder Christoph Schmidt (Vorsitzender des Sachverständigenrates) und sie alle erzählen, wie es zugeht in den Kreisen und Zirkeln, die normalerweise den Blicken der Öffentlichkeit entzogen sind. Es entsteht ein Portrait, das die Handelnden Akteure in einem überraschenden Licht erscheinen lässt. Man lernt, mit wie viel Hingabe aber auch Humor die Mitglieder von wissenschaftlichen Beiräten, dem Sachverständigenrat oder von Max Plank Gesellschaften die Aufgabe angehen, die Politik zu beraten. Man erfährt von ihren Erfolgen, aber auch von ihren Niederlagen. Vor allem aber lernt man unglaublich viel darüber, wie Politik funktioniert. Es macht Spaß, dieses Buch zu lesen, denn es ist den Beteiligten gelungen, ihre Botschaften so zu überbringen, dass sie unterhaltsam daherkommen, obwohl sie ungemein intelligent und scharfsinnig formuliert sind. Vielleicht kann man sogar so weit gehen, dass mit dem Buch ein zeitgenössisches Dokument entstanden ist. Mag sein, dass es in 100 Jahren Historikern dabei hilft zu verstehen, wie damals, Anfang des 21. Jahrhunderts, politische Entscheidungen zustande kamen.
Das Buch ist im Mai im Springer-Verlag erschienen und kostet 29,99 Euro.